September 2009

Vom 15.September 09

Sensor so groß wie ein Negativ: Leica M9 Erfahrungsbericht und Video

Autor: Ingo Quendler


Beispielfotos aus der Praxis als RAW Datei:

Download von Original-Bilddateien - 5 DNG-Files RAW uncompressed: ISO 160, ISO 400, ISO 1000, ISO 2500 im fast dunkeln, ISO 2500 bei Tageslicht, alle mit 1,4/50mm Objektiv, unterschiedliche Blendenwerte (145,6 MB, ZIP Datei)


Kleiner Erfahrungsbericht über die Leica M9

Die neue Leica M - müssen wir viel darüber schreiben? Im Grunde nicht. Diese Kamera ist, bis auf marginale Änderungen im Menü, identisch mit der M8 und M8.2. Das Bedienkonzept ist bis auf die digital-Technik die gleiche, wie schon von der M7bekannt. Groß ist jedoch eine Änderung, im wahrsten Sinne des Wortes: Der Sensor ist jetzt endlich im Vollformat verbaut worden: Die Maße entsprechen umgerechnet nun der Größe eines Negativs im Kleinbildformat (35mm Film).

 

 

Die Leica M9 wird zur digitalen M7

Meines Erachtens muss sich die Leica M9 nicht mit der M8 messen, sondern mit den analogen Leica M Kameras, M7, M6, usw. Kann eine digitale M mit den Leistungsmerkmalen dieser hervorragenden Kameras mithalten? Die M8 konnte es nicht: Man durfte IR-Filter vor die perfekt gerechneten Objektivgläser schrauben und ein Normalobjektiv wurde dank der Brennweitenverlängerung (Crop) zur Portraitlinse. Die M8 war also der Lückenfüller, bis Zeit und Technik reif dafür waren, mit der Leica M9 eine "echte" digitale Leica M zu bauen.

Reibungsfreier Wechsel von analog zu digital

Vor drei Jahren konnte ich die Leica M8 für ein paar Tage testen. Ich merkte sofort, dass Sie zwar eine gute Kamera war, allerdings war die Brennweitenverlängerung sehr ungewohnt und der IR-Fehler mit magentastichigen Bildern ist wirklich auf jedem Bild sofort sichtbar gewesen, was für mich nicht akzeptabel war.

Nun teste ich also die Leica M9 - seit zwei Tagen bin ich mit Ihr unterwegs und mache viele Bilder: Ich kann sagen, dass einzig das Film-Aufziehen fehlt, ansonsten fühlt sich das Gerät eben wie eine "echte" Leica M aus analogen Zeiten an.Das geht soweit, dass man zum "Filmwechsel", also dem Austausch der Speicherkarte und Akku die gesamte Bodenplatte öffnen muss - ein Kritikpunkt einiger Leicafotografen schon an der Leica M8. Die Bodenplatte hat aber auch Vorteile: Es gibt keine kleineren Spalte, wo Schmutz und Wasser eindringen können und die Bodenplatte gibt der Kamera etwas mehr Stabilität. Das Wechseln der Speicherkarte geht innerhalb von 4-5 Sekunden - geübte Leica M Filmwechsel Spezialisten können das sicher noch schneller.

 

 

Rädchen einstellen statt Menüs zu navigieren

Nachdem ich Farbprofil, RAW-Format und noch andere Kleinigkeiten eingestellt habe, war das Arbeiten mit dem Display auch schon vorbei. Die Rückvorschau der Bilder habe ich abgeschaltet und fotografiere mit der Kamera so, wie ich auch mit einer analogen Messsucherkamera fotografieren würde. Allein für die ISO Einstellung muss man in ein Menü gehen, was gegenüber der Leica M8 aber viel einfacher geht, da es nun einen ISO Knopf gibt, mit dem die ISO-Zahl bei gehaltenem Knopf und dem Drehen des Menü-Rädchens eingestellt werden kann. Ich habe die Kamera jedoch auf "Auto ISO" eingestellt, da ich mir so bei schlechterem Licht, das Hochschalten auf höhrere ISO Werte sparen kann. Nur selten benötige ich für bestimmte Zwecke einen gezielt hohen oder niedrigen ISO Wert.

Alle weiteren Funktionen sind wie bei Messsucherkameras üblich per Rädchen und Blendenring erreichbar, sodass man das Menü eigentlich nicht mehr benötigt. Das bedeutet in diesem Fall, dass auch hier das Umgewöhnen von einer analogen Messsucherkamera zur Leica M9 problemlos ohne Umgewöhnung möglich ist.

Die Leica M9 benutzt man einfach, ohne viel nachdenken zu müssen - zumindest dann, wenn man schon mal mit einer Messsucher Kamera gearbeitet hat. Mit der M9 gerät das Aufnahme medium des Fotografen im Wortsinne in den Hintergrund: Sie ist ein Werkzeug, eine Maschine zum Aufnehmen von Bildern, reduziert auf das Wesentliche, so wie sich das gehört für eine Messsucherkamera.

 


Video: Leica M9 Hands-On, Messsucher gefilmt, Belichtungsspeicherung erklärt

Hier nun ein kleines Video, welches ich heute auf die schnelle noch aufgenommen habe.

In dem Video zeige ich die Kamera mit allen Bedienelementen. Ich zeige auch, wie man die Belichtung misst und speichert mit einer Messsucherkamera für alle die, die eine Leica mit Zeitautomatik noch nie in der Hand hatten. 

Ich habe es sogar geschafft, durch den Sucher zu filmen, wie man die beiden Bilder im Sucher übereinander legt, um scharf zu stellen.

 

 

Leica M gegen DSLR

Ich möchte dieses Thema nur kurz anreißen, da diese Frage natürlich im Raum steht, bzw. immer wieder auf großes Interesse stößt. Nehmen wir also exemplarisch mal die Canon 5D Mark II im Vergleich zu einer Leica M9: Beide nehmen Bilder auf Vollformat-Chips (analog zum 35mm Kleinildfilm) auf und beide können auf eine große Vielfalt an extrem guten Objektiven zurückgreifen. Das Ergebnis wird immer ähnlich sein, d.h. ein Unterschied in der Bildqualität und Bildwirkung wird nicht ohne Labortests sichtbar sein. Je nach Aufnahmesituation und Objektiv wird mal die eine Kamera, mal die andere ein gutes Bild zaubern.

 

Es gibt jedoch drei große Punkte, in denen sich die Kameras unterscheiden: Sucher, Größe und Funktionsumfang. Die Canon 5D Mark II ist vergleichsweise groß, hat einen auf den Bildinhalt begrenzten Sucher, in dem jedoch ganz einfach die Schärfeverteilung sehen kann (echtes Bild durch die Linse) und einen Autofokus der im Sucher indiziert, wo scharfgestellt wird und hat einen viel größeren Funktionsumfang, wie z.B. LiveView, schnellere Bildfolge, HD-Video Aufzeichnen und vieles, vieles mehr.

 

Die Leica M9 ist viel kleiner, da das Gehäuse im Gegensatz zu einer "Spiegel"reflex-Kamera keinen Spiegel benötigt. Sie hat ein Sucherfenster, das über das Bild hinaus auch anzeigt, was um das Foto herum passiert, Scharfstellen muss man per Hand in dem man im Sucher zwei Bilder deckungsgleich übereinanderlegt und der Funktionsumfang ist deutlich eingeschränkt gegenüber DSLR Kameras.

 

Das war es auch schon, ein Sportfotograf würde also nie glücklich mit einer Leica M9 - er ist auf schnellen Autofokus angewiesen. Ein Naturfotograf oder Reportagefotograf wird je nach Geschmack wahrscheinlich mit beidem Glücklich. Was mich persönlich an der Messsucherfotografie besonders gefällt, sind die kleineren, leiseren Kameras. Der Sucher hat beispielsweise für die Straßenfotografie den Vorteil, dass man auch um den Bildausschnitt herum schauen kann - wohl neben dem Diskretionsfaktor der wichtigste Grund, dass die Messsucherkameras für Straßenfotografen meist das Werkzeug der Wahl sind.

 

Und einen weiteren, wichtigen Faktor darf man nicht außer Acht lassen: Man muss relativ viel Geld in eine Messsucherkamera investieren und bekommt dafür eine zwar kleinere, diskretere Kamera, aber eine DSLR-Kamera ist immer die universellere Kamera, die für mehr Einsatzgebiete gerüstet ist und einen um mindestens die Hälfte günstigeren Einstieg in die Vollformat-Fotografie ermöglicht.

 

Wie ist die Bildqualität?

Ich bin kein Bildqualitäts-Fetischist: Für mich ist einzig und allein wichtig, dass für mich Bilder im Kleinformat aus der Kamera herauskommen. Das schafft auch schon eine Sigma DP2 mit einem APS-C Sensor - der Schritt zum Vollformat Sensor ist kein großer mehr, bedeutet aber "echtes" Kleinformat, womit vor allem der Vergleich mit dem analogen Negativ gemeint ist.

 

Die Leica M9 spuckt Bilder aus, die genau dem entsprechen, was man von einer Leica M erwartet. Scharfe Bilder und schöne Unschärfe (Bokeh, beispielsweise bei Offenblende). Die Charakteristik des CCD Sensors der Leica M9 ist etwas anders als CMOS Sensoren (DSLR). Ich sehe bei der Leica M9 etwas "härtere" Körnung (Neudeutsch: Rauschen), welches ich aber im Leben nie nachträglich reduzieren würde (hat man ja beim Film auch nicht gemacht, stellt Euch mal einen geneateten TMax 3200 vor...). Die Charakteristik in Sachen Schärfe, Farben, Kontrast des 18 Mio Pixel großen CCD Sensors gefällt mir persönlich sehr gut. Die Leica M9 zieht also gleich mit DSLR Kameras in der Leistungsklasse, ich sehe keine großen Unterschiede.

 

Überhaupt sehe ich heutzutage keine Kamera, die wirklich was Qualität angeht heraussticht. Im Grunde sind alle Kameras ähnlich, so lange sie einen großen Sensor haben und ein gutes Objektiv genutzt wird.

 

L1000234

Eines der ersten Test-Bilder bei ISO 1000 mit der Leica M9, 50mm bei Blende 1,4


Firmware: Verschlimmbesserung der Objektivleistung

Die Firmware der Leica M9 kennt bekanntlich alle Leica Objektive. Alte Objektive stehen in einer Datenbank der Firmware bereit, neuere Objektive mit Chip werden von der Kamera erkannt. Das hat den Vorteil, dass Dinge wie Vignettierung schon innerhalb der Kamera erkannt werden. Wenn ich mich recht erinnere macht Hasselblad das bei den Kameras des H-Systems genauso. Ich persönlich finde aber diesen Eingriff in das Original-Bild nicht so gut, da es ja die Charakteristik eines Objektives verändert. Ein offenes 1,4/50 Objektiv hat nun mal eine Vignettierung, die ich persönlich oft gerne mag und als Stilmittel benutze, z.B. mit dem Canon EF 1,4/50mm an der 5D.

 

Der Eingriff der Firmware passiert so wie ich das sehe vor dem Abspeichern als DNG Datei, d.h. die Datei kommt dann nicht mehr ganz so jungfräulich vom Sensor. Mir ist da der andere Weg lieber, wenn ich eine Vignettierung nicht haben möchte, dann entferne ich sie in Lightroom, habe aber auch die Option die original-Vignettierung zu behalten und muss diese nicht künstlich zu einem vorher "verbesserten" Bild hinzufügen.

 

Ich habe mal zwei schnelle Schnappschüsse bei Blende 1,4 mit dieser Testkarte aus unserem Shop gemacht:

 

L1000426

Firmware greift nicht ein, Randabschattung deutlich sichtbar


L1000427
 Firmware hat eingegriffen und die Randabschattung etwas reduziert.



Mein Fazit

Der Umstieg von Leica M analog zu Leica M digital funktioniert nun einwandfrei und ohne Einschränkungen. Ansonsten kann ich mich nicht davor verschließen, die Leica sexy zu finden. Eine so hochwertige Haptik, wie sie auch schon die alten analogen M Kameras hatten, welche auch schon Kriege überlebt haben. Die Bedienung ist intuitiv und einfach, das Scharfstellen funktioniert einfach und schnell, so wie man es von Messsucherkameras gewöhnt ist.

 

Eine Messsucherkamera ist immer in Betracht zu ziehen, wenn man eine gegenüber professionellen DSLR Kameras kleine Kamera mit Wechselobjektiven und größtmöglicher Abbildungsleistung sucht. Mit der Leica M9 werden wie schon zu analogen Zeiten vor allem Reportage- und Straßenfotografen ein solides und für diese Zwecke wohl am meisten geeignetes Arbeitswerkzeug in die Hand bekommen.

 

Fragen und Antworten

Hier habt Ihr die Möglichkeit, mir Fragen zu stellen, in dem Ihr diese weiter unten in das Googleformular eintragt.

Hier schon Fragen und Antworten von anderen Fotografen:


Mich interessiert mal, was Du zu der M9 sagst in Bezug auf Gehäusedesign und Bedienung?

Das ist das übliche Leica-Design und da ich schon M4,M6,M7 hatte für mich nichts neues - was auch heißt, Leica hat gute Arbeit geleistet. Wer eine analoge Leica M bedienen kann, kann dies auch schnell mit dem digitalem Pendant.

Das Menü ist soweit selbsterklärend und wird bis auf die ISO Einstellung eigentlich im laufenden Betrieb so gut wie nie genutzt. 

Wie ist die Anordnung der Knöpfe auf der Rückseite?

Gott sei dank haben Sie statt Protect jetzt einen ISO Button - weil ISO ist für den Fotograf eigentlich das einzige was er je am Display umstellen muss, alles andere geht über Rädchen. Ich nutzte z.B. das Display gar nicht beim Fotografieren (nicht mal nach dem Auslösen) - einmal alles eingestellt und gut ist.

Kann sich das Display versehentlich anschalten (z.B. indem die Kamera an den Gürtel oder Jackenknopf "schlägt")?

Ich kenne die M8 nicht, bzw. hatte sie vor 3 Jahren nur 2 Tage ausprobiert. Also kann ich nichts dazu im Vergleich sagen, aber mein Gefühl ist, dass die Knöpfe recht schwergängig mit gutem Druckpunkt sind, sodass dieses Problem ggf. gelöst sein könnte.

Programmwahlrad - hat es einen Anschlag oder nicht und wie findest Du das?

Kenne die Problematik, bzw. eine Minderheit an Menschen hat dies zum Problem auserkoren - also es ist durchgehend drehbar ohne Anschlag.

Aber es geht ja darum den Anfangs- und Endpunkt ohne Kamera vom Auge zu nehmen zu identifizieren und ohne Licht anmachen zu müssen, etc. - Und das geht (weiß nicht, ob es bei M8 evtl. sogar auch so war): Sobald man das Rädchen dreht, ändert sich die Anzeige im Sucher (rote LEDs). Start/Endpunkt ist dann die Automatik-Einstellung. Im Automatikprogramm wird die Verschlusszeit angezeigt. Sobald man weiter dreht wird die Belichtungswaage angezeigt. Kommt man wieder zurück zur Automatik hat man wieder die Zeit eingeblendet… so kann man also jederzeit identifizieren, wo der Startpunkt ist.

Ist zum Wechsel der Karte ist die Bodenplatte abzubauen?

Ja, wie bei der M8 auch schon - das Ausbauen ging aber schnell von der Hand und ein geübter Leica-Filmeinleger wird wohl gar kein Problem damit haben. So oft wird Speicherkarte und Akku ja sowieso nicht gewechselt. Die Kritiker waren aber meines Wissens vor allem Fotografen in Krisengebieten, die z.B. Schnell die Speicherkarte wechseln müssen, sobald die Executive einiger Staaten diese z.B. beschlagnahmt.

Es gibt einen Italiener, der Bodenplatten verkauft, mit Direktzugriff - würde ich selbst aber nicht benutzen, denn neben dem Schnellzugriff-Nachteil (der max. 5 Sekunden ausmacht), hat man ja den Vorteil, dass es weniger Schmutz-Spalte gibt.

Bildqualität und Fokus-Leistung bei Lowlight / High-ISO

Bei schlechtem Licht wird auch das Scharfstellen schwieriger, aber es ist möglich und wahrscheinlich sogar etwas besser als mit einer DSLR manuell zu fokussieren. Aber auch hier gilt, wenn alles grau in grau ist, gibt es eben keine wirklichen Punkte, dan denen man sich orientieren kann - übrigens auch nicht ohne Kamera, das Auge an sich kann die Entfernungen auch nicht so gut einschätzen.

High-ISO geht ja nur bis 2500 ISO. CCD rauscht wohl etwas "härter" als CMOS - was ich aber bisher bei den Bildern, die ich so machte nicht schlecht finde, da es dem Korn etwas ähnlicher wird. ISO 2500 wirkt z.B. in schwarz/weiß sehr gut. Natürlich hängt viel von der Helligkeit des Motivs ab, je mehr Licht, desto weniger Rauschen auch bei ISO 2500. 

Rein subjektiv würde ich die 2500 ISO Einstellung in etwas so einschätzen, wie die 3200 oder 6400 bei der Canon EOS 5D Mark II. Man hat also beim ISO ggf. einen kleinen Nachteil und verliert Blenden, gewinnt diese aber dann wieder bei den Verschlusszeiten, die ja etwas länger sein können, da es keinen Spiegelschlag gibt.

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Vom 14.September 09

Fish-Eye 8/3.5 für Canon AF - Praxistest

Autor: Dieter Faustmann

Ich hatte die Möglichkeit, dieses Objektiv zu testen und will hier über meine praktischen Erfahrungen mit dem 8/35.5 berichten.

Das Fish-Eye ist in unserem Shop derzeit für folgende Bajonette erhältlich:

- Fisheye-Objektiv 8mm/3.5 für Canon 500D 50D 5D Mark II etc

- Fisheye-Objektiv 8mm/3.5 für Nikon D700 D300 D5000 D3000 D60 etc.

- Fisheye-Objektiv 8mm/3.5 für Pentax K200D K110D K20D Km etc.

- Fisheye-Objektiv 8mm/3.5 für Sony a900 a550 A380 a200 etc.

Die technischen Daten können jeweils dem beiliegendem „Instruction Manual“ entnommen werden. Vorab sei gesagt, es handelt sich bei dem Fishe Eye 8/3.5 um ein Objektiv, das eine Aufnahmefläche entsprechend dem Bildradius von 180° auf der Chipfläche abbildet. Hier ist der kleine Haken an der Sache: Dieser Bildradius bezieht sich auf das APC-C Format, ist also nicht für Vollformatsensoren geeignet.

Was nicht bedeutet, man könnte es nicht an einer Vollformatkamera benutzen, jedoch muss man hier einige Einbußen hinnehmen, die nur durch radikalen Beschnitt auf das Filet in der Bildmitte zu meistern sind:

_MG_5019-52Fenster zum Hof, Alfred Hitchcock würde sich im Grabe herum drehen:  APC-Größe auf Vollformatsensor bedeutet: Format kann nicht vollständig ausgenutzt werden. Dazu kommen „Spannende Bildelemente wie die Gegenlichtblende zum Vorschein, sowie Abbildungsfehler und Farbsäume am Rand.

Ich wollte und will in Zukunft keine Vergleichsfotos verschiedener Hersteller in diesem Blog      veröffentlichen, mir geht es allein darum, ob ich ein Objektiv gestalterisch überhaupt nutzen kann, ob das Sinn macht. Es geht um Bilder aus der Praxis, nicht um Bilder für Menschen, die mit der Lupe über ihren Bildschirm rutschen, um jeden einzelnen Pixel mit Vor- und Nachnamen anreden zu können.

Die folgenden Bildbeispiele wurden alle mit einer Canon 350D sowie dem 8/3.5mm Fish-Eye aufgenommen.

Alle Aufnahmen erfolgten im RAW-Format und wurden in Adobes 'Lightroom' nachbearbeitet und meinem persönlichen Geschmack in Farben und Kontrasten angepasst.

"Genug der Worte, lass uns Bilder sehen!"

Kölner, der ich nun mal bin, habe ich wohl das mit Abstand am meisten fotografierte Motiv meiner Heimatstadt als Testobjekt benutzt. Im Grunde wollte ich versuchen, den Dom und dessen Umgebung einmal etwas anders aussehen zu lassen, bzw. auch mehr die Umgebung mit einzubeziehen. Für so etwas ist die spezielle Darstellungsart eines Extrem-Weitwinkels gradezu geeignet. Kurz gesagt: Fernab aller Postkartenknipserrei und mit viel Spaß an der Sache, trotz des weniger freundlichen Wetters.

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Die folgende Innenaufnahme wurde bei Offenblende (3.5) gemacht.

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Erwartungsgemäß ist der haptische Eindruck recht weich. Die besten Ergebnisse bekommt man von Blende 8 an aufwärts. Dennoch kann sich diese Aufnahme sehen lassen, ich konnte hier z.B. keinerlei Vignettierung feststellen. Aufgrund des hohen Kontrastumfangs im Bild entschied ich mich dafür, die Lichter ausfressen zu lassen, zugunsten des Motivs in der Mitte der Aufnahme.

Wen man nicht aufpasst, dann ist man selbst mit auf dem Bild, wenn auch nur in kleinen Teilen, siehe unten auf folgendem Bild.

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Ich gehe mehrmals die Woche über die Domplatte und sehe die ganzen Touristen, die sich vor dem Dom stehend für das Erinnerungsalbum, sofern es dieses überhaupt noch gibt, ablichten lassen. Erst steht die Ehefrau vor dem Dom, der Gatte knipst, dann steht der Ehemann vor dem Dom und die Ehefrau knipst. Das dritte Foto ist meist von einem vorbei laufenden Passanten gemacht, den man einfach bittet, ob er nicht mal ein gemeinsames Foto „von uns“ machen könne. In Köln, wenn man auf einen Einheimischen trifft, kein Problem. Die Rheinländer sind in der Regel sehr kontaktfreudig, nicht nur zur Karnevalszeit.

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Je mehr Weitwinkel, desto näher sollte man sich auch großen Objekten wie dem Kölner Dom nähern, um spannende und überraschende Bilder zu machen.

Faustmann ante portas.

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Was nur wenige wissen: Der Dom hat sogar eine eigene Hausnummer. Allerdings weiss ich wirklich nicht, wo sich hier der Briefkasten befindet.

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Zu guter Letzt noch ein paar Impressionen von der Domplatte, die praktisch rund um den Kölner Dom herum verläuft und auf der allerlei Aktivität stattfindet.

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Ausgestreckter Arm und Blende 8 bei ca. 1.50m Entfernungseinstellung, links wieder der Fotograf mit im Bild.

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Die bekannte "Kölner Klagemauer"

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Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt der ganzen Bildermenge, die ich dort fabrizierte.

Mein Resumée:

Weitwinkelfotografie erzeugt eine spannende Dynamik auf Bildern: Da werden Menschen und Dinge verzerrt dargestellt. Wer die Welt möglichst realistisch abbilden möchte, der ist mit Weitwinkelobjektiven sicherlich nicht gut bedient. Es gibt jedoch nichts, was nicht mit unterschiedlichen Objektiven unterschiedlichster Brennweite abgebildet werden kann - Alles eine Frage des persönlichen Geschmacks sowie dem Spaß an der Sache, und nur darum geht‘s. Portraits mit 8mm, weil's die dicksten Nasen macht? 

Wenn es Spaß macht, warum nicht?

Weitwinkelfotografie erzeugt allerdings nicht nur von sich heraus eine spannende Dynamik: Man selbst fotografiert dynamischer, weil man einfach ganz nah an die Motive heran gehen muss. In Bezug auf Menschen kann das wirklich spannend sein, aber auch an so "banalen" Objekten wie Gebäuden: Man fühlt sich schon etwas merkwürdig beobachtet, wenn man beispielsweise mit dem Bauch am Kölner Dom steht und einfach, für den vorbeilaufenden Betrachter, ohne Sinn und Verstand, scheinbar in den Himmel fotografiert.

Aber, wie sagte ich schon: Der Spaß ist es, der den Ausschlag gibt.

"Und was ist jetzt mit dem Fish-Eye?"

Das Fish-Eye 8/3.5 liegt an der 350D gut in der Hand. Es ist "schön" schwer und lässt sich gut einstellen, sprich, die Ringe für Schärfeeinstellung und Blende sind gut erreichbar und lassen sich „blind“ mittels Ertasten gut unterscheiden. 

Bei Offenblende bildet das Fish-Eye erwartungsgemäß weich ab, erst im Blendenbereich 8-16 herum ist die Bildqualität wirklich ausgezeichnet. Die Scharfeinstellung ist mit bloßem Auge im Sucher eigentlich fast nicht sichtbar. Ich empfehle, einfach die Entfernungen grob zu schätzen und am Objektiv einzustellen. Im o.g. Blendenbereich spielt das ab Blende 8 dann eh nur noch eine untergordnete Rolle, Stichwort 'Hyperfokale Distanz'.

Vielleicht haben Ihnen meine Bilder ein wenig Lust gemacht, den Kölner Dom selbst einmal unkonventionell zu fotografieren. Warum auch nicht, Köln ist immer eine Reise wert.



 _MG_5464-45

Gut Licht

Dieter Faustmann


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